Machen Antioxidantien, die kurz nach dem Training eingenommen werden, den Trainingserfolg zunichte? Immer wieder stoßen wir vereinzelt auf das Thema, dass Antioxidantien einen negativen Einfluss auf den Trainingserfolg haben. Auf der anderen Seite sehen wir schwere Bodybuilder, die von dieser These noch nie etwas gehört haben und gleichzeitig große Mengen an Supplementen mit Antioxidantien einnehmen. Schaut man sich ihren Körper an, könnte man meinen, dass hier nichts beeinträchtigt wird. Also: was stimmt denn nun? Wir klären auf!
Nach einem intensiven Kraft- oder Fitnesstraining werden gerne Nahrungsergänzungsmittel eingenommen, um die Regeneration des Körpers und der Muskulatur zu unterstützen. Dabei greifen Sportler nicht nur zu Protein- und Aminosäuresupplements, sondern auch zu Vitamin- und Mineralstoffpräparaten.
In Vitaminpräparaten befinden sich viele verschiedene Vitamine, die unterschiedliche Wirkungen auf den Körper haben. Eine bekannte Wirkung, vor allem der Vitamine A, C und E ist die sogenannte antioxidative Wirkung. Deshalb werden sie auch „Antioxidantien“ genannt.
Doch nicht nur Vitamine können eine antioxidative Wirkung aufweisen, sondern auch Stoffe wie Glutathion, N-Acetyl-Cystein, OPC (in Traubenkernen) oder EGCG (in grünem Tee) und weitere Stoffe, die ebenfalls in Nahrungsergänzungsmitteln zum Einsatz kommen.
All diese Stoffe besitzen durch ihre antioxidative Wirkung gesundheitsfördernde und zellschützende Eigenschaften. Sie wirken sogenannten freien Radikalen entgegen und neutralisieren sie. Freie Radikale entstehen zum einen durch intensives Training und körpereigene Stoffwechselprozesse und zum anderen durch äußere Einflüsse wie Rauchen, Luftverschmutzung, Sonnenstrahlung und Umweltgifte. Ist die Anzahl dieser Radikale zu hoch, entsteht oxidativer Stress, der die Zellen schädigt.
Doch die freien Radikale haben nicht nur negative Wirkungen, sondern auch positive Effekte auf den Körper. Man kann sich das so vorstellen: alles was den Körper stresst, macht ihn – wenn der Stress nicht zu viel wird – resistenter. Ein gewisses Maß an Stress fordert uns heraus, aber härtet uns auch gleichzeitig ab. Eisbäder sind z.B. ebenfalls Stress für den Körper und gleichzeitig stärken sie unser Immunsystem. Krafttraining ist ebenfalls körperlicher Stress, macht uns aber stärker. Am Ende entscheidet immer die Dosis, ob wir durch zu lange Eisbäder krank werden oder ob unser Immunsystem gestärkt wird, ob wir durch zu viel Krafttraining ins Übertraining kommen oder ob wir stärker werden.
Genau das gleiche gilt für die freien Radikale in unserem Körper. Einerseits bedeuten sie Stress auf zellulärer Ebene und auf der anderen Seite finden durch sie Anpassungsprozesse statt, wodurch die Leistungsfähigkeit erhöht wird.
Und auch hier gilt: Auf die Dosis kommt es an. Eine zu große Menge an freien Radikalen führt dazu, dass die DNA angegriffen wird und Krebs sowie andere Krankheiten begünstigt werden. Eine angemessene Menge dagegen führt zur Anpassung des Körpers an den Trainingsreiz.
➡️ Nun stellt sich also die entscheidende Frage: Sollte man auf Antioxidantien nach dem Training verzichten, damit die freien Radikale die körperliche Anpassung herbeiführen können?
Dazu schauen wir uns die Studienlage an.
Die Studienlage
Bisher gibt es leider nur wenige Studien, die die Auswirkungen einer Supplementierung mit Antioxidantien auf das Krafttraining und den Muskelstoffwechsel untersucht haben. Das ist nicht verwunderlich, denn Studien kosten jede Menge Geld und Zeit und werden vor allem von Unternehmen oder Institutionen finanziert, die entweder das Ziel haben die Gesundheit der Menschen voranzubringen oder Forschungsergebnisse zu erhalten, aus denen sie sich etwas Lukratives versprechen. Die Auswirkung von Antioxidantien auf das Krafttraining gehört leider nicht in diese beiden Kategorien, weshalb die Studienlage sehr dünn ist.
Schauen wir uns nun den Aufbau und die Ergebnisse einer Studie genauer an, die untersucht hat, wie sich die beiden Antioxidantien Vitamin C und Vitmain E auf den Trainingserfolg auswirken. [1] Die Anzahl der Studienteilnehmer lag bei 32 Teilnehmern im Alter von ca. Mitte 20. Die jungen Freizeitkraftsportler hatten in den letzten sechs Monaten regelmäßig ein bis vier Mal pro Woche Krafttrainings absolviert. Die Teilnehmer wurden angewiesen, in den zwei Wochen vor der Studie keine Nahrungsergänzungsmittel mehr einzunehmen, um sicherzustellen, dass die einzigen Supplemente, die sie verwendeten, die Vitamine C und E waren.
Während der Studie erhielten die Teilnehmer ein Trainingsprotokoll, das 4 Trainingseinheiten pro Woche für 10 Wochen als Vorgabe beinhaltete. Die eine Gruppe erhielt während dieser Zeit entweder täglich ein Placebo oder täglich eine Gesamtdosis mit 1000mg Vitamin C und 235mg Vitamin E.
Diese Menge ist schon relativ hoch, wenn man bedenkt, dass die tägliche empfohlene Zufuhr der deutschen Gesellschaft für Ernährung bei ca. 100mg Vitamin C und ca. 13 mg Vitamin E pro Tag liegt.
Die Einnahme erfolgte dabei rund um das Training, d.h. bis 3h vor dem Training und bis 1h nach dem Training.
Nun kommt der spannende Teil: die Ergebnisse
Die Forscher stellten einen signifikanten Unterschied in der Aktivierung der sogenannten MAPK-Proteine p38 und Erk1/2 fest, wobei die Placebogruppe nach der Trainingseinheit eine deutlich stärkere Aktivierung zeigte als die Gruppe, die die Antioxidantien einnahm.
MAPK-Proteine erzeugen eine Stressreaktion und senden ein anaboles, d.h. muskelaufbauendes Signal an die Muskulatur. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Antioxidantien möglicherweise einen Teil des „Start“-Signals für das Muskelwachstum bzw. die Muskelanpassung als Reaktion auf das Training reduzieren.
Wie wir sehen, haben hochdosierte Antioxidantien einen negativen Einfluss auf das Muskelwachstum auf zellulärer Ebene. Jetzt ist natürlich interessant, wie sich das Ganze am Ende auf die Muskelmasse und die Kraft auswirkte.
Tatsächlich gab es im Vergleich der beiden Gruppen keine Unterschiede bezüglich der Hypertrophie, also der Zunahme der Muskelmasse. Allerdgins gab es Unterschiede bezüglich der Kraft! Die Gruppe, die das Placebo bekam, zeigte größere Kraftzuwächse als die Vitamingruppe. Dies galt jedoch nur für Bizepscurls. Bei allen anderen Übungen wie z.B. beim Beinstrecker, konnten keine Unterschiede festgestellt werden.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Antioxidantien einige der gemessenen Signalwege abschwächten, die für die Muskelanpassungsprozesse wichtig sind. Ob es deswegen auch zu dem messbaren Unterschied beim Kraftzuwachs gekommen ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Zum einen konnte der Unterschied nur bei Bizepscurls festgestellt werden und zum anderen war die Teilnehmeranzahl der Studie relativ klein.
Auch bleibt weiterhin unklar, ab welcher Dosierung die Muskelanpassungsprozesse abgeschwächt werden. In der Studie wurde eine relativ hohe Dosierung gewählt. Zwar wird diese mit Gemüse und Früchten sicherlich nicht so schnell erreicht, jedoch definitiv mit hochdosierten Supplements. Es bleibt somit offen, wie hoch die maximale Menge sein sollte, die man ohne schlechtes Gewissen zu sich nehmen kann.
Aufgrund dieser Unklarheiten sind unbedingt weitere Untersuchungen nötig, um der Wahrheit näher zu kommen.
Für uns Kraftsportler bedeuten die Ergebnisse, dass es womöglich Sinn macht, hochdosierte antioxidativ wirkende Vitamine und andere antioxidative Substanzen so weit wie möglich vom Training fern zu halten. Aber eben nur, um auf Nummer sicher zu gehen. Wir dürfen an dieser Stelle nicht vergessen, dass das vor allem dann gilt, wenn wirklich alle anderen Faktoren, die für den Muskelaufbau von Bedeutung sind, zu 100% eingehalten werden. Erst wenn das Training, die Ernährung und die Regeneration gemeistert werden, sollte man sich über solche „Feinheiten“ Gedanken machen. Wer es nicht einmal schafft eine angemessene Proteinmenge täglich zu sich zu nehmen, braucht sich auch keine Gedanken über den Einnahmezeitpunkt von Antioxidantien machen.
Sind isolierte Vitamine überhaupt zu empfehlen?
Wie durch die aktuelle Studienlage klar wird, sollte der Einnahmezeitpunkt von hochdosierten Antioxidantien möglichst weit vom Training entfernt sein. Allerdings sollten wir noch einen Schritt zurückgehen und uns nicht fragen, wann wir hochdosierte isolierte Antioxidantien zu uns nehmen sollten, sondern ob wir überhaupt isolierte Antioxidantien zu uns nehmen sollten.
Fakt ist, dass Antioxidantien in angemessener Dosierung gesund sind. Das sind sie vor allem dann, wenn sie auf natürliche Weise, wie z.B. in Gemüse oder Obst, vorliegen. In dieser Konstellation liegen die Antioxidantien zum einen in einer angemessenen Dosierung vor und zum anderen in einer Matrix von unzähligen weiteren Stoffen, wie sekundären Pflanzenstoffen, die allesamt synergetisch wirken und damit einen positiven gesundheitlichen Effekt erzielen.
Hohe Dosen isolierter Antioxidantien dagegen, können eine prooxidative Wirkung auslösen. Das bedeutet, dass sie unter bestimmten Bedingungen selbst zu oxidativem Stress beitragen können, anstatt ihn zu reduzieren. Weiterhin reguliert der Körper den oxidativen Stress normalerweise selbst und benötigt ein Gleichgewicht zwischen oxidativem Stress und Antioxidantien, um die genannten Anpassungsprozesse in Gang zu setzen. Ein Überschuss an isolierten Antioxidantien kann dieses Gleichgewicht stören.
Außerdem konnte in Untersuchungen beobachtet werden, dass die Einnahme von hochdosierten isolierten Antioxidantien keine lebensverlängernde Wirkung erzielt – im Gegensatz zu Obst und Gemüse. Einige Untersuchungen zeigen eher das Gegenteil. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung verweist bspw. auf Studien, die einen Zusammenhang zwischen hohen Gaben von Vitamin E und einer erhöhten vorzeitigen Sterblichkeit zeigen. [2]
Zusammenfassend können wir also festhalten, dass die Einnahme hochdosierter isolierter Antioxidantien äußerst fragwürdig und nicht zu empfehlen ist. Falls zu Supplementen mit Antioxidantien gegriffen wird, dann sollten sie 1. „normal“ dosiert sein und 2. möglichst weit vom Training eingenommen werden. Dies kann auch für Ashwagandha zutreffen, auchgleich wenn dies kein „echtes Antioxidans“ ist und wenn man es genau nimmt, sollte man die Einnahme von Createston Professional auch nach dem Training vermeiden und besser nach dem Aufstehen verwenden.
Literaturverzeichnis
[1] | G. Paulsen, H. Hamarsland und K. T. Cumming, „Vitamin C and E supplementation alters protein signalling after a strength training session, but not muscle growth during 10 weeks of training,“ J Physiol, 2014. |
[2] | „Höchstmengenvorschläge für Vitamin E in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln“.BfR. |